top of page

Powder Highway: Ski-Roadtrip durch die Canadian Rockies

Wer die Worte Kanada und Skifahren hört, denkt automatisch an „Heli-Skiing“. Sicherlich nicht der schlechteste Zeitvertreib, wie man auch an anderer Stelle in dieser ausgabe sehen kann, doch auch ohne abzuheben kann man in Kanada den ultimativen Skitrip erleben. Und zwar ganz im Zeitgeist der Generation Roadtrip entlang des Powder Highways. Dieser verbindet im Südosten British Columbias insgesamt acht Skigebiete der Kootenay Rockies miteinander. Mehr als genug Potential für eine ausgiebige Entdeckungsreise, auf die auch wir uns begeben wollen. Wir, das sind Bene, der bereits sechs Monate als Ski Instructor in Banff verbrachte, und ich – der Kanada-Neuling.

© Hans-Martin Kudlinski

Nach dem Flug von München über Toronto und der Übernachtung am Zielflughafen Calgary nehmen wir am ersten Morgen frisch und ausgeruht die Schlüssel unseres Mietwagens in Empfang. Als die Skibags und Reisetaschen im Kofferraum des SUVs verstaut sind, verlassen wir das Flughafengelände in Richtung Highway. Die Mission: In den kommenden elf Tagen die fünf Skigebiete Fernie, Red Mountain, Whitewater, Revelstoke und Kicking Horse zu erkunden. Auf unserer Route werden wir gut 1.400 Kilometer zurücklegen. Obwohl die Meteorologen mildes Wetter vorhersagen, hoffen wir auf täglichen Tiefschneenachschub im Dezimeterbereich. Denn auch Mitte März wäre die ein oder andere Ladung an frischem Powder keine Seltenheit in BC. Vor ein paar Tagen erst wurden die Skigebiete zuletzt großzügig mit einer frischen Schneedecke überzogen. Fernie Die erste Etappe führt uns ca. 300 Kilometer in Richtung Südwesten nach Fernie. Wir lassen das dicht besiedelte Calgary hinter uns und folgen dem schnurgeraden Teerstreifen durch karges Farmland. Als die schneebedeckten Gipfel der Kootenay Rockies am Horizont auftauchen, sind wir im Abenteuer Powder Highway angekommen. In Fernie ist das Resort wolkenverhangen und es fallen ein paar Flöckchen vom Himmel – ein gutes Omen. Wir organisieren die Lifttickets, verabreden uns für morgen mit einem Guide und checken in eines der Ferienappartements in der Timberline Lodge ein. Anschließend erkunden wir Downtown Fernie. Mit den vielen kleinen Läden, Restaurants und Cafés versprüht es seinen Westernstädtchen-Charme. Ein willkommenes Kontrastprogramm zu den aufgeblähten Skihochburgen im Alpenraum. Kanada, wie ich es mir ausgemalt hatte.

Fernie © Henri Georgi

Am nächsten Morgen nimmt uns Ronan, unser Guide für den Tag, unter seine Fittiche. Fernie ist mit fünf Bowls und 142 ausgeschriebenen Runs das größte Skigebiet der Canadian Rockies und für sein steiles, anspruchsvolles Gelände bekannt. Nach der Auffahrt mit dem Timber Bowl Express wird uns klar, dass Ronan es sich wohl zur Aufgabe gemacht hat, den Großteil der 142 Runs noch vor dem Mittagessen mit uns abzuspulen. So ziehen wir am ersten Tag in vier der fünf Bowls unsere Spuren. Und auch dem höchsten Punkt im Skigebiet, dem Polar Peak, statten wir einen Besuch ab, um von dort aus auf dem Double Diamond Run „Barely Legal“ den Weg gen Feierabendbier in der Griz Bar an der Talstation anzutreten. Dort erzählt uns Ronan die Legende vom namengebenden „Griz“, einem kräftig gebauten Einsiedler, der sich, in ein Bärenfell gehüllt, in den Bergen um Fernie herumtreibt. Wenn er besonders gut gelaunt ist, schießt er mit seiner überdimensionalen Muskete gen Himmel. Das Ergebnis? Eine frische Ladung Powder. Jedes Jahr danken ihm die Einwohner Fernies dafür im Rahmen der feierlichen Griz Days. Rossland – Red Mountain Nachdem wir am zweiten Tag in Fernie auf eigene Faust noch ein paar unverspurte Fleckchen zwischen den Bäumen in der Lizard Bowl finden konnten, steuern wir Red Mountain an. Auf der Fahrt Richtung Westen überwinden wir vor eindrucksvoller Kulisse den Kootenay Pass, ein beliebtes Tourengebiet. Als die Dämmerung einsetzt, erreichen wir die ehemalige Goldgräberstadt Rossland. Unter den Glücksrittern waren damals auch einige Skandinavier, die den Skisport mit in die Siedlung brachten. Das Städtchen ist für die rund 4.000 Einwohner und seine Besucher der perfekte Outdoor-Spielplatz. Kaum jemand, der seine Freizeit im Winter nicht auf Ski und im Sommer nicht auf dem Bike verbringt.

Red Mountain © Mark Shapiro

Tags darauf lernen wir den Local kennen, der uns durchs Skigebiet führen wird: Mike Hopkins. Ein entspannter Kerl, der kein großes Aufheben um sich macht. Er ist Mountainbike Pro, doch wie wir bald feststellen, klappt das mit dem Skifahren auch ganz gut bei ihm. Jedenfalls brennen unsere Oberschenkel nach dem erfolglosen Versuch, beim ersten steilen Treerun mit Mike mitzuhalten. Die Lifte erschließen über 890 Höhenmeter die drei Berge Red, Granite und Grey Mountain. Von einfachen Pisten über verspielte Pillows bis hin zu steilen Chutes ist alles dabei. Seit 2014/15 erweitert ein Cat Skiing Shuttle für CAN$ 10 das Gebiet um den Mt. Kirkup. Also nichts wie rein in das Vehikel! Nach gut zehn Minuten Auffahrt stellen wir fest, dass uns heute ein Harschdeckel den Spaß am weitläufigen, kupierten Gelände verdirbt. Doch ein paar weitere Treeruns später hat Mike mit dem Mt. Roberts noch ein Ass im Ärmel. Nach einem knapp einstündigen Hike, der es in der Mittagssonne in sich hat, werden wir mit einem langen Run zurück in Richtung Resort belohnt – diesmal ohne Harschdeckel. Abends steht für alle Freunde des Gerstensafts das jährlich stattfindende „Beer Goggles Craft Brew Festival“ auf dem Plan. Bei gemütlicher Volksfeststimmung kann man direkt neben der Talstation die Biere der zehn vertretenen Brauereien – allesamt aus BC – verköstigen. Da uns unsere Herkunft in den Augen einiger Kanadier zu außergewöhnlich kompetenten Bierkennern macht, endet der Abend auf eine freundliche Einladung hin in einem Privatkeller. Denn der Gastgeber will uns voller Stolz seine eigene Zapfanlage vorführen und sein Lieblingsbier kredenzen.

Nelson – Whitewater Nachdem wir am folgenden Tag zunächst die Grenzen des Skigebiets mit unseren Tourenski erkunden, steht anschließend die Weiterfahrt in Richtung Kootenay Lake an. Nur 80 Kilometer trennen uns von Nelson, laut New York Times die schönste Kleinstadt Kanadas. Ursprünglich durch den Silberrausch geprägt, hat sich Nelson zum kulturellen Zentrum der Region entwickelt. 15 Minuten entfernt liegt das Whitewater Ski Resort. Und man kann einfach nicht anders, als es in sein Herz zu schließen. Von Beginn an stellt sich dieses Gefühl der Vertrautheit ein. Ein ausgiebiges Kartenstudium entfällt. Die Daylodge befindet sich in einem Kessel, den man dank zweier alter Doppelsessellifte rundherum auf der Silver King- oder der Summit-Seite befahren kann. Die Summit-Rückseite wird vom Glory Ridge Lift erschlossen. Und das wars auch schon. Man kann sich also voll und ganz darauf konzentrieren, zwischen den Bäumen und in den Pillow Lines möglichst viele Abfahrtskilometer zu sammeln. In Kombination mit einem durchschnittlichen Schneefall von zwölf Metern im Jahr ist das Resort DER „Geheimtipp“ für jeden Freerider, der gerne auf überflüssigen Schnickschnack verzichtet. Ganz getreu dem Motto „pure, simple and real… deep“. Überhaupt wird hier der Eindruck, den ich allgemein in den kanadischen Skigebieten gewonnen habe, am konsequentesten spürbar. Nämlich der, dass das Skifahren an sich im Vordergrund steht. Der Spaß daran. Es gibt keine unsinnigen Streitereien in der Liftschlange, keine Poser, die sich auf Kosten anderer inszenieren. Stattdessen gibt es unwahrscheinlich viele verdammt gute Skifahrer – ganz egal, wie alt und welchen Geschlechts. Halcyon Hot Springs Schweren Herzens verlassen wir Whitewater und folgen unserer Route. Auf dem Weg nach Revelstoke legen wir einen Übernachtungsstopp bei den Halcyon Hot Springs ein. Nachdem wir eingecheckt und unsere nassen Felle und Klamotten zum Trocknen aufgehängt haben, machen wir uns auf den Weg zum Highlight der Anlage, den heißen Pools. Die nudelförmigen Schwimmhilfen unter die Arme geklemmt, lassen wir uns nach den anstrengenden Tagen umhertreiben, um uns dann mit letzter Kraft, aber zufrieden ins Bett zu schleppen. Nach einem Streifzug ans Ufer des angrenzenden Arrow Lakes packen wir am nächsten Morgen unser Auto voll und fahren den restlichen Weg inklusive Fähr-Überfahrt nach Revelstoke. Revelstoke Angesichts des Hypes, den „Revy“ in den letzten Jahren erlebt hat, glaubt man kaum, dass das Skigebiet erst 2007 eröffnet wurde. Dank moderner Liftanlagen wurde damals aus einer reinen Heli- und Cat-Skiing-Zone das Skigebiet mit dem größten Höhenunterschied in Nordamerika. 1.713 vertikale Meter werden so erschlossen, und der Einstieg zur Gondel liegt gerade einmal zehn Meter von unserem Hotel entfernt. Wer lange Runs auf und neben der Piste liebt, kommt hier voll auf seine Kosten. Fährt man vom Stoke Sessellift rechts in Richtung der Ninja Traverse bergab, hat man zudem einen unglaublichen Blick auf den Columbia River. Verlässt man den Lift nach links, kann man die anspruchsvolleren Runs der North Bowl erreichen. Vormittags traversieren wir zum „Parachute“ mit seiner Engstelle am Einstieg, nachmittags nehmen wir den Hike zum Mt. McKenzie Sub Peak auf 2.340 Meter in Angriff. Hier im offenen Gelände über der Baumgrenze ergattern wir noch einige unverspurte Turns. Überhaupt hält sich der Schnee in der North Bowl sehr gut, während die Verhältnisse im unteren Teil des Resorts im Frühjahr bereits recht variabel ausfallen. Eine Besonderheit, die uns während des Trips bereits auffiel, ist das Talent der Kanadier, mit ihren Worten präzise Bilder zu malen. Besonders was die Bezeichnungen der Runs betrifft. Unser Favorit ist eines der bekanntesten Couloirs im Revelstoke Backcountry: Brown Shorts. Und auch bei der Niederschlags-Webcam geht man in Revy kreative Wege. Hier liest man den aktuellen Stand nicht etwa an einer nüchternen Skala ab, sondern am „Verschüttungsgrad“ des Gartenzwergs „Powder Gnome“. Zwischen neun und 14 Meter Schnee brechen pro Saison über den kleinen Kerl herein. Golden - Kicking Horse Der Treff für alle Skifahrer, die nach Revelstoke kommen, ist der Village Idiot im beschaulichen Ortskern. Eine Mischung aus Skimuseum und Bar, in der die Möbel teils aus alten Ski gebaut sind und verdammt leckere Burger serviert werden. Nachdem wir uns dort gestärkt haben, fahren wir über den Rogers Pass zum letzten Gebiet auf unserer Liste: Kicking Horse. Auch Golden, der dazugehörige Ort, wirkt wie die vorigen Ziele angenehm unaufgeregt. In den Restaurants und Läden trifft man durchweg auf nette, aufgeschlossene Leute, die sich aufrichtig über Besucher freuen. Mit gut sieben Metern Schneefall pro Jahr mag Kicking Horse keine Rekorde in Sachen Quantität brechen, jedoch sucht die Schneequalität dank der trockenen und lockeren Konsistenz seinesgleichen. Da es am Tag unserer Ankunft zehn Zentimeter schneit, dürfen wir uns am eigenen Leib davon überzeugen, dass der Champagne Powder kein Mythos ist. Kicking Horse hat den Ruf, besonders für Fortgeschrittene und Experten interessant zu sein. Oft wird es mit Jackson Hole in Wyoming verglichen. Zwar gibt es auch hier einige Möglichkeiten für Anfänger, doch was besonders heraussticht, ist die Fülle an Rinnen und Chutes. Mit geringem bis mittlerem Aufwand kann man in Kicking Horse 85 dieser anspruchsvollen Runs innerhalb der Skigebietsgrenzen erreichen. Daher sind wir froh, für den ersten halben Tag einen Guide an unserer Seite zu haben, der uns die Zugänge zeigt und erklärt, welche der Rinnen momentan zu empfehlen sind. Am Ende des Tages zelebrieren wir schließlich den kanadischen Lifestyle in vollen Zügen, indem wir auf der Terrasse unseres Chalets im Private Hot Tub mit einem kalten Bier auf den Tag anstoßen.

Kicking Horse © Helly Hansen

Einen Besuch am Gehege von Boo, dem resorteigenen Grizzly, können wir uns am folgenden Tag nicht entgehen lassen. Doch obwohl er seinen Winterschlaf angeblich schon beendet hat, lässt er sich diesmal nicht blicken. Zum Abschluss haben wir uns dann noch ein letztes Chute vorgenommen. Es hört auf den Namen „Dutch Wallet“, also „Geizhals“, weil der Platz darin sehr knapp bemessen sein soll. Als größtes Hindernis stellte sich für uns jedoch die Abseilstelle zu Beginn heraus. Letztendlich schaffen wir es aber doch, unsere mit Burgern und Steaks gemästeten Astralkörper durch den Engpass zu manövrieren. Das Couloir an sich war dann dank weichem Schnee ein genüsslicher Abschluss für unseren Skitrip durch die Kootenay Rockies. Als auf der Fahrt nach Calgary die imposanten Bergketten im Rückspiegel verschwinden und sich stattdessen die Ausläufer der Großstadt ausbreiten, erwächst der Wunsch, doch wieder umzukehren. Warum eigentlich nicht? Schließlich haben wir in den letzten elf Tagen gerade erst an der Oberfläche des Powder Highways gekratzt.

© Hans-Martin Kudlinski

INFORMATIONEN

Fernie: Skigebiet: Fernie Alpine Resort Unterkunft: Timberline Lodges Essen:

Cirque at Lizard Creek Lodge inkl. Icebar, in der man Premium Vodka verköstigen kann Downtown: The Brickhouse Bar & Grill

Rossland / Red Mountain: Skigebiet: Red Mountain Resort Unterkunft: The Prestige Mountain Resort Rossland Essen:

Nelson / Whitewater: Skigebiet: Whitewater Ski Resort Unterkunft: Hume Hotel Essen:

Uptown Sports Bar Oso Negro - angeblich der beste Kaffee in Nelson (war geschlossen, als wir nachmittags davor standen) Halcyon Hot Springs Resort

Revelstoke: Skigebiet: Revelstoke Mountain Resort Unterkunft: Sutton Place Hotel Essen:

Rockford Wok|Bar|Grill Village Idiot - DER Tip für Skifahrer. Die Einrichtung ist aus alten Ski gefertigt, etc. La Baguette Modern Bakeshop & Cafe - sehr guter Kaffee und Kuchen Craft Bierhaus - sehr gutes Essen und eine große Auswahl an Craft-Bieren

Kicking Horse: Skigebiet: Kicking Horse Mountain Resort Unterkunft: Cedar House Restaurant & Chalets Essen:

HELLY HANSEN SKI FREE in Kicking Horse, Fernie und Red Mountain:

Die Aktion "Ski Free" – ein kostenloser Tagesskipasses oder 2 Tage zum Preis von 1 bei Kauf eines entsprechenden Bekleidungsstücks – gilt für Produkte aus dem Hause Helly Hansen, die über ein entsprechendes Etikett verfügen. Zur Kampagne gehört der größte Teil der Skijacken bzw. -hosen. Auf der Website von Helly Hansen findet sich eine komplette Auflistung der zum SkiFree Programm gehörenden Artikel.

Um nach dem Kauf eines entsprechenden Produktes das Freiticket zu erhalten, muss das Etikett auf der gleichen Website lediglich noch validiert werden.

Weitere Artikel:
bottom of page